G.fühlt

* born to be mild *

open your Eis

08.03.09

sie öffnet den alten französischen holzschrank anno 1890 und nimmt eines von diesen bunten alten weingläsern heraus. INDIGOblau, wunderschön verziert mit eingearbeiteten weintrauben und einem achtzackigen stern. sie hätte ihn auch sechszackig gemocht.
dann stößt sie die spirale des silbernen flaschenöffners in den korken. während sie oben am kopf dreht hebt er langsam seine arme in die höhe, ihr entgegen. nun ist keine weitere drehung mehr möglich und seine arme recken sich hoch bis in den himmel. sie beschmunzelt die situation weil es gerade wirklich so ausschaut als habe ihr *jemand* die arme entgegengestreckt.
“den burschen könnte ich mal fotografieren, so lebendig wie er aussieht”, denkt sie sich, drückt ihm die arme herunter, und gibt damit den korken frei.
*plöpp* macht es, kaum hörbar für ein menschliches ohr.

ja, das waren noch zeiten, als noch richtige KORKkorken in den weinflaschen steckten. die bäume hatte sie einmal gesehen, wunderschön krüppelig und dunkelgrün, sardinien, fertilia, auf einer zugreise.
so schöne bäume. manche von diesen korkeichen waren abgewirtschaftet, mit einem sauberen schnitt war die äußere rinde zum teil abgetragen. sie hätte mehr als 100 mal einen fotografischen grund gehabt, die notbremse zu ziehen. damals war sie mit ihrem freund im zug unterwegs von fertilia nach irgendwo. es war februar, alles karg und kahl und sie konnte sich die zeit vorstellen in der hier in der gegend alles grünte und blühte. nicht nur die bäume waren krüppelig, auch die pferde waren nicht so gut im futter wie man das in unseren gegenden kennt. man konnte wirklich die rippen einzeln zählen, wenn man aufmerksam hinschaute … was für liebe tiere.

der schwere, drachenblutrote wein begrüßt mit einem glucksen das jungfräuliche INDIGOblaue glas. ich nehme einen schluck und weiß ihn zu schätzen. ihn und das glas.

und überhaupt … das ganze leben.

Gerti G.

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